Potsdam – Extreme Niederschlagsereignisse in einer Stadt oder Region hängen mit der gleichen Art von Ereignissen tausende Kilometer entfernt zusammen, wie ein internationales Expertenteam in einer neuen Studie zeigt, die jetzt in Nature veröffentlicht wurde, einer der weltweit führenden Fachzeitschriften. Sie entdeckten ein globales Verbindungsmuster von Extremniederschlägen – dies könnte zu einer verbesserten Wettervorhersage führen und so dazu beitragen, Schäden zu begrenzen und Menschen zu schützen. Extreme Niederschlagsereignisse nehmen aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels zu, was die Studie noch relevanter macht.
Die Forscher entwickelten eine neue, in der Wissenschaft komplexer Systeme verwurzelte Methode zur Analyse von Satellitendaten. Die dadurch entdeckten Muster extremer Niederschläge sind wahrscheinlich mit riesigen Luftströmungen verbunden, die als Jetstreams bekannt sind und die die Erde hoch oben in der Atmosphäre umkreisen und riesige Wellen zwischen dem Äquator und den Polen bilden.
Jedes Jahr verursachen extreme Regenfälle weltweit Verwüstungen. So haben beispielsweise extreme Niederschläge in den letzten Jahren in Nordindien und Pakistan zu besonders starken Sturzfluten und Erdrutschen geführt. „Wir haben ein globales Verbindungsmuster entdeckt, das das Auftreten von extremen Regenereignissen bestimmt, und bestimmte Arten von atmosphärischen Wellen als die wahrscheinliche Hauptursache identifiziert. Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse über die atmosphärische Dynamik und den Zusammenhang mit extremen Niederschlagsereignissen helfen werden, die Vorhersage solcher Ereignisse zu verbessern“, sagt Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und dem Imperial College in London, Leitautor der neuen Studie.
Verbindungen zwischen dem asiatischen Monsun und Ereignissen zum Beispiel in Europa
„Die Anwendung der neuen Methode auf Satellitendaten zeigt sehr überraschende Zusammenhänge zwischen extremen Regenereignissen in verschiedenen Regionen der Welt“, sagt Ko-Autor Brian Hoskins, Vorstand des Grantham Institute am Imperial College, London.
„So sind beispielsweise Extremereignisse im südasiatischen Sommermonsun typischerweise mit Ereignissen in Ostasien, Afrika, Europa und Nordamerika verbunden. Obwohl Regenfälle in Europa nicht den Regen in Pakistan und Indien verursachen, gehören sie zum gleichen atmosphärischen Wellenmuster, wobei die europäischen Regenfälle zuerst ausgelöst werden. Dies sollte einen starken Test für Wetter- und Klimamodelle bieten und verspricht bessere Vorhersagen.“
Mathematik auf höchstem Niveau und interdisziplinäre Naturwissenschaften liefern Ergebnisse mit hohem Praxisbezug
Durch die Aufteilung der Erdoberfläche in ein Raster konnte das Team sehen, wo Ereignisse stattfanden und statistisch ihre Verbindungen zueinander nachvollziehen – auch wenn die Ereignisse nicht gleichzeitig stattfanden. Damit konnten die Forscher bisher unsichtbare Muster aufdecken.
„Diese interdisziplinäre Studie, die komplexe Netzwerktheorie und Atmosphärenforschung kombiniert, liefert wegweisende Erkenntnisse bei der Untersuchung extremer Niederschläge“, sagt Ko-Autor Jürgen Kurths, ebenfalls vom PIK. „Die Komplexitätsforschung kann also nicht nur auf die Ausbreitung von Epidemien oder die Meinungsbildung in sozialen Netzwerken angewendet werden, sondern auch das Verständnis der Atmosphäre substanziell verbessern. So liefern unsere anspruchsvollen mathematischen Methoden tatsächlich Ergebnisse von enormer Praxisrelevanz, die dazu beitragen können, die Menschen vor den Konsequenzen des Klimawandels und anderen großen Herausforderungen unserer Zeit zu schützen.“
Artikel: Niklas Boers, Bedartha Goswami, Aljoscha Rheinwalt, Bodo Bookhagen, Brian Hoskins, Jürgen Kurths (2019): Complex networks reveal global pattern of extreme-rainfall teleconnections. Nature. [DOI:10.1038/s41586-018-0872-x]
Originalpublikation:
http://dx.doi.org/10.1038/s41586-018-0872-x